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Karnevalsfieber in Göppingen: Die Bardabacher Meerbachhexa

Ob auf Faschingsumzügen, Karnevalssitzungen oder dem eigenen närrischen Hexenkessel: die Bardabacher Meerbachhexa sind aus der fünften Jahreszeit Göppingens nicht mehr wegzudenken. prisma hat sich mit Andreas Reik von den gar nicht mal so furchteinflößenden Hexen unterhalten und einiges über den Mythos der Bardabacher Meerbachhexa in Erfahrung bringen können.
Inhalt & Quicklinks

Eine Institution in der Göppinger Fasnet

prisma: Die Bardabacher Meerbachhexa gibt es seit 1994, also fast 30 Jahre. Wie erklärt ihr euch den großen Erfolg und Anklang? 

Andreas Reik: Die Grundlagen dafür haben unsere „Althexen“ geschaffen. Durch deren Charme, Witz und ihre Offenheit gegenüber den etablierten Gruppen und Gästen, haben die Meerbachhexa schnell Anschluss gefunden und wurden damit ein fester Bestandteil der Fasnet in der Region. Hierfür sind wir ihnen natürlich sehr dankbar!
Da wir als Hexen nach wie vor keine Masken tragen und kein strenges Häs (Feste Tracht einer Narrenzunft, Anm. d. Redaktion) haben, ist es für Neumitglieder wesentlich einfacher, mal in die Fasnet hinein zu schnuppern. Hinzu kommt, dass wir mit den geschminkten Hexen und den Wölfen mit Holzmasken für jeden das Passende haben.

prisma: Wie ist es zu eurer Gründung gekommen und woher stammt euer Name? 

Andreas Reik: Eine kleine Turn-Gruppe, nur aus Hausfrauen bestehend, hatte die Idee, einmal an einem Fasnet-Umzug teilzunehmen. Sie beschlossen, sich als Hexen zu verkleiden und gruselig zu schminken. Der Name lag dann nahe, da ja durch Bartenbach der Meerbach fließt. Da alle total begeistert – mit dem Fasnet-Virus infiziert – waren, blieb es nicht bei dieser einen Umzugsteilnahme. Und das Häs wurde leicht weiterentwickelt in den Folgejahren weiterverwendet.

Vielfalt mal anders

prisma: Wie viele Mitgliederinnen und Mitglieder hat die Bardabacher Meerbachhexa zurzeit und wie kann ich mitmachen? 

Andreas Reik: Wir sind derzeit 75 aktive Mitglieder (davon 8 Jugendliche) und 9 passive Mitglieder.
Mitmachen darf jede und jeder. Unter 18-jährige jedoch nur in Begleitung eines Elternteils. Am einfachsten ist es, das Anmeldeformular auf unserer Homepage auszufüllen.
Wir bieten aber auch allen Interessierten die Möglichkeit, bei uns auf einzelnen Umzügen als Gast mitzulaufen. Hierfür haben wir mehrere komplette Häs im Verleih, für Hexen und Wölfe. Auch hierzu findet man alles wichtige auf unserer Homepage. Oder man spricht eine(n) von uns einfach mal auf einer Veranstaltung an…

prisma: Ihr habt euch ab 2000 dafür entscheiden, auch Männer in die Bardabacher Meerbachhexa aufzunehmen. Worin liegt der Vorteil einer gemischten Gruppe? 

Andreas Reik: Es waren eher pragmatische Gründe. Wir hatten immer mehr Anfragen von Männern, ob sie nicht auch mitmachen dürfen. Und zwar nicht nur von Ehemännern, die auf Ihre Frauen aufpassen wollten… 😉
Mit den Jahren hat sich dann natürlich auch gezeigt, dass die Männer bei so manchem Arbeitseinsatz sehr hilfreich sind.

Keine Berührungsängste

prisma: Ihr lauft regelmäßig bei unterschiedlichen Faschingsumzügen in der Umgebung mit. Gibt es welche, die euch besonders im Gedächtnis geblieben sind? 

Andreas Reik: Der Göppinger Nachtnarrensprung ist jedes Jahr ein super Start in die Saison.
In Rechberghausen trifft man vermutlich die meisten Freunde und Bekannten – das ist immer wieder schön.

prisma: Auf welchen Veranstaltungen außerhalb von Faschingsumzügen in und um Göppingen kann man euch sonst noch antreffen? 

Andreas Reik: Wir veranstalten immer am 30.04. ein Fest anlässlich der Walpurgisnacht. Mit großem Feuer, gemeinsamem Grillen… Natürlich beteiligen wir uns auch an den Bartenbacher Events. So z. B. am Brunnenstraßenfest oder Kinderfest. Wir veranstalten auch einen Adventstreff am Dorfplatz im Dezember. Zwischen diesen Terminen treffen wir uns immer wieder zu Stammtischen und Ausflügen – auch hier bietet sich eine gute Gelegenheit uns mal (ungeschminkt) kennenzulernen.

Ein bunter Haufen

prisma: Was unterscheidet euch von anderen Hexen?

Andreas Reik: In erster Linie, dass wir alle nur geschminkt sind. Masken gibt es bei den Hexen nicht. Darüber hinaus sind wir ein recht „bunter“ Haufen, weil wir kein festes Häs haben und sich bei den einzelnen Hexen nur bestimmte Elemente (bunte Stulpen, grünes Halstuch, schwarzer Hut mit grünem Band, graue Nase…) wiederholen müssen.
Unsere Wölfe sind mit ihren Masken und dem gemeinsamen Fell schon viel einheitlicher.

prisma: Ihr nennt euch selbst alle Olga. Wie kam es zu diesem Namen?

Andreas Reik: Unsere Althexen wollten während der Fasnet auch ab und zu mal die Sau rauslassen. Jeder Fasnet-Narr weiß ja: mit Verkleidung fällt dies natürlich schon viel leichter. Perfekt ist es, wenn dann auch alle noch gleich heißen. „Olga“ hat sich dann irgendwie ergeben.

Ein Bartenbacher Mythos

prisma: Seit 2016 laufen bei euch auch die Meerbachwölfe mit. Von den Bardabacher Meerbachhexa und den Meerbachwölfen gibt es einen Mythos. Wie lautet er? 

Andreas Reik: Der Mythos besagt, dass im Zauberwald bei Bartenbach bei Vollmondnächten wilde, pelzige Gestalten – halb Mensch, halb Wolf – mit glühend roten Augen und riesigen Fangzähnen ihr Unwesen treiben. Genauso eine Vollmondnacht war damals die Walpurgisnacht, welche die Hexen immer nahe dem Zauberwald mit ihren Ritualen zelebrieren. Während das Fest im vollen Gange war, entdeckte plötzlich ein kleines Hexenkind glühend rote Augenpaare im dunklen Dickicht. Schnell informierte sie leise die feiernden Hexen. Dadurch waren die Hexen auf den Angriff des Werwolfrudels vorbereitet, das sich plötzlich mit wildem Gebrüll auf die Hexenversammlung stürzte. Jede der Hexen setzte ihre individuelle Magie ein, um die Wölfe zu besiegen. Mit einer wilden Hetzjagd auf ihren Hexenbesen und viel Magie konnten sie eine kleine Anzahl von Werwölfen einfangen. Sie belegten die Wölfe mit einem Zauber, dass sie nur vom 11.11. bis Aschermittwoch ihr Unwesen treiben dürfen. Während dieser Zeit halten sich die Hexen nun ihre Wölfe in großen Metallkäfigen oder an schweren Ketten neben ihren Hexenhäuschen nahe dem Meerbach zum Schutz, als Spielgefährten, aber auch als Fortbewegungsmittel.

prisma: Während der Corona-Pandemie gab es gar keine Umzüge oder Veranstaltungen. Wie habt ihr diese Zeit erlebt und vor allem überstanden? 

Andreas Reik: Es war eine harte Zeit für alle. Keine Umzüge, keine Treffen… Wir haben auch zu vielen Mitgliedern den regelmäßigen Kontakt verloren. Eigentlich hatten wir ständig gehofft, doch irgendein Event machen zu können. Viel gab es natürlich nicht. Zum Glück konnten wir jedes Jahr (coronaregelkonform) zumindest unseren Narrenbaum aufstellen. Wir machten einen Wandertag, als es wieder erlaubt war. So versuchten wir doch etwas anzubieten und den Kontakt zueinander nicht ganz zu verlieren.
Hinzu kamen einige soziale Aktionen, weil wir dachten, andere trifft es noch viel härter. Ein paar Beispiele:
Im Februar 2021 verkleideten wir uns am Fasnet-Samstag und gingen alleine oder paarweise Tierfutter kaufen, welches wir dann dem Göppinger Tierheim spendeten. Seit dieser Zeit haben wir auch ein „Patenschwein“ im Göppinger Tierpark, welches wir verkleidet besuchten. Eine weitere gemeinnützige Aktion war, dass einige verkleidete Hexen bei der Lebenshilfe oder im Seniorenheim waren und draußen im Hof ein paar Lieder sangen – die Bewohner konnten vom Fenster aus zusehen und freuten sich noch mehr als sonst bei unseren Besuchen dort!

prisma: Am 26. Januar 2024 veranstaltet ihr wieder die große Hexenkesselparty. Auf was dürfen sich die Besucherinnen und Besucher freuen? 

Andreas Reik: Um 18 Uhr starten wir mit einem Guggenfez am Dorfplatz. Hier gibt es Glühwein und Leberkäswecken zu schrägen Tönen von mehrerer Guggen-Kapellen.
Die Hexenkesselparty danach ist inzwischen ja schon legendär! Mitten in der Halle steht unsere Hexenbar. Drumherum ist Party angesagt. DJ Uwe und Kollegen sorgen für die richtige Partystimmung, bis es brodelt in der Halle (in unserem Hexenkessel) – was erfahrungsgemäß keine halbe Stunde dauert! An diesem Tag freuen wir uns, befreundete Gruppen und alle anderen Fasnet-Fans begrüßen zu dürfen.

Vielen Dank für das tolle Gespräch.

Bardabacher Meerbachhexa e. V.

Lerchenberger Straße 10, 73035 Göppingen-Bartenbach

Bildnachweis

© Andreas Reik